Grenzen wahren. Wie kann ich für mein Kind einstehen?

Grenzen wahren. Wie kann ich für mein Kind einstehen?

Kennst du diese Situation: Oma oder Opa behandeln dein Kind auf eine Weise, die ihm nicht gefällt? Sie geben ein Bussi, obwohl dein Kind das nicht mag, oder erzwingen eine Entschuldigung, die nicht vom Kind selbst kommt. Es gibt unzählige Beispiele, auch außerhalb der Familie, zum Beispiel in der Kita, in der die Grenzen unserer Kinder übertreten werden – bewusst, aber häufig auch unbewusst.

Schaffst du es immer, deinem Kind dann zur Seite zu stehen, wenn es das selbst nicht kann? Ja? Perfekt! Dann musst du an dieser Stelle vielleicht gar nicht mehr weiterlesen. Aber vielleicht geht es dir wie uns, und es fällt dir in einigen Situationen gar nicht so leicht, für dein Kind einzustehen. Vielleicht, weil du (unterschwellig) Angst vor negativen Konsequenzen für dich selbst oder dein Kind befürchtest. Oder weil du Sorge hast, auf Unverständnis zu stoßen, nicht ernstgenommen zu werden oder sozial ausgegrenzt zu werden. Vielleicht aber auch, weil du selbst so erzogen wurdest, dass du nicht „unbequem“ oder „fordernd“ sein durftest. Und womöglich hast du dann sogar noch ein schlechtes Gewissen, weil du den Mund gehalten hast, wo du dich gerne zu Wort gemeldet hättest. Damit bist du nicht allein!

Kindern helfen, Grenzen zu wahren

Aber müssen wir unseren Kindern dabei überhaupt helfen? Ja, unbedingt! Überleg mal, wie schwer es dir manchmal fällt, in solchen Situationen einzugreifen und standhaft zu bleiben. Und jetzt stell dir vor, wie viel schwieriger es für dein Kind sein muss, das ganz direkt betroffen ist und Jahrzehnte weniger Lebenserfahrung mitbringt als du. Das sich außerdem in der unterlegenen Situation befindet und auf deine Hilfe und deinen Schutz seiner Grenzen angewiesen ist.

Kinder können lernen, eigene Grenzen zu erkennen, sie zu benennen und sie gegenüber „Angriffen“ zu verteidigen. Das ist aber eine große Entwicklungsaufgabe und das geht nicht von heute auf morgen. Solange sie noch daran arbeiten, müssen wir ihnen dabei helfen. Wenn sie uns darum bitten, aber auch dann, wenn wir eine Grenzüberschreitung wahrnehmen. Du bist dann der Anwalt oder die Anwältin deines Kindes, du kannst seine Gefühle für andere (Kinder und Erwachsene) übersetzen. Wenn du dazwischengehst, wenn du sagst: „Entschuldige, aber er*sie möchte nicht ungefragt angefasst werden!“ dann hilfst du deinem Kind nicht nur im akuten Moment, sondern du zeigst ihm auch, wie es seine Grenzen selbst wahren kann.

Was unsere eigenen Grenzen damit zu tun haben

Und warum fällt uns das oft so schwer, obwohl wir doch das Beste für unsere Kinder wollen? Obwohl wir nicht wollen, dass sie leiden? Obwohl wir ihnen ein Vorbild sein wollen?

Weil wir selbst nicht immer gelernt haben, unsere Grenzen zu wahren. Wenn du selbst kein Vorbild dafür hattest, wenn deine Grenzen immer wieder übergangen wurden, als Kind und auch im Erwachsenenalter, wenn du gar nicht die Chance hattest, zu lernen, Grenzen zu setzen, weil du nicht gehört wurdest oder dein Widerstand mit Strafen und Machtausübung übergangen wurde, dann wird es dir auch schwerer fallen, für dein Kind einzustehen, wenn dessen Grenzen überschritten werden.

Musstest du als Kind mit Grenzüberschreitungen umgehen lernen und dein Wille wurde regelmäßig ignoriert, übergangen oder mit Druck verändert, dann spürst du heute eine innere Hemmung, wenn es darum geht, deine Grenzen oder die deines Kindes zu verteidigen.

Zum Glück fällt uns das Eintreten für andere manchmal sogar leichter, als wenn wir selbst betroffen sind. Wenn die Löwenmama oder der Löwenpapa in dir durchkommt, entwickelst du Mut, den du für dich selbst vielleicht gar nicht aufbringen kannst. Aber eigentlich sollte gar kein so großer Kraftakt dafür nötig sein. Zumindest wäre das wünschenswert.

So unterstützt du dein Kind

Deshalb haben wir ein paar Tipps für dich, wie es dir immer besser gelingen kann, Grenzen zu setzen und für dein Kind einzustehen.

  • Wahre die Grenzen deines Kindes

Die einfachste Art, deinem Kind beizustehen, ist es, seine Grenzen selbst zu wahren. Wobei: So easy ist es dann eben doch nicht immer. Schau genau hin: Gibt es Situationen, in denen du unbewusst selbst etwas tust, was deinem Kind zu weit geht? In denen du nicht so empathisch reagierst, wie du dir das wünschst? Dir gegenüber äußert sich dein Kind vermutlich leichter, es widerspricht, zeigt seine Grenzen auf. Manchmal auch durch Wut oder Traurigkeit, wenn die Worte dafür fehlen. Setze an der Stelle an, sei aufmerksam und arbeite an dir. Zeig deinem Kind, dass du seien Grenzen erkennst und anerkennst und verbalisiere das gegebenenfalls auch. So kann es von dir lernen.

  • Akzeptiere ein Nein und nimm dein Kind ernst

Dazu gehört es auch, ein Nein zu akzeptieren und dein Kind ernst zu nehmen. Wenn es Ängste hat, auch wenn sie dir kindisch vorkommen, wenn es sagt, was es nicht möchte, auch wenn du anderer Meinung bist. Das erfordert Geduld und Empathie und im Alltag reichen unsere Ressourcen dafür nicht immer aus. Aber es geht darum, GENERELL so zu handeln. Wenn es mal nicht klappt, wird dein Kind auch daraus lernen. Es soll nur nicht die Regel sein, dass du immer wieder über die Grenzen deines Kindes hinweggehst.

  • Wahre deine Grenzen

Ebenso wichtig ist es auch, dass du deine eigenen Grenzen wahrst. Sage klar, wenn dein Kind zu weit geht, wenn es dich haut, beispielsweise. Erkläre, dass du das nicht möchtest. Und auch warum. Sage ihm, wie es sich für dich anfühlt, wenn es deine Grenzen überschreitet. In kleinen wie in großen Dingen, im Alltag. Je selbstverständlicher es bei euch zu Hause ist, dass alle ihre Grenzen benennen und deren Einhaltung einfordern, desto selbstverständlicher wird es für euch beide.

  • Übersetze für dein Kind

Dein Kind ist aber nicht nur mit deinen Grenzen konfrontiert, sondern auch mit denen anderer. Familienmitglieder, Freund*innen, andere Bezugspersonen. Immer wieder wird es unwissentlich Grenzen übertreten. Wenn es dann auf Unverständnis stößt oder es gar zu Konflikten kommt, übersetze für dein Kind: „Dein Bruder hat Schmerzen, wenn du ihn zwickst. Er möchte so nicht angefasst werden.“ Aber auch „Oma braucht etwas mehr Ruhe als ich. Wir müssen ihr diese auch geben, damit sie danach wieder Kraft hat.“ Empathie ist eine Fähigkeit, die Kinder erst im (Vor-)Schulalter immer besser beherrschen. Vorher brauchen sie in solchen zwischenmenschlichen Situationen noch unsere Hilfe.

Mit diesen Tipps wird nicht nur dein Kind immer kompetenter im Wahren seiner Grenzen sondern auch du. Für euch beide.

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