Regretting motherhood

Regretting motherhood

„Ich bin nicht gerne Mutter.“

„Ich bereue die Entscheidung, Mutter zu werden.“

„Ich würde mich nicht wieder dafür entscheiden, Mutter zu werden.“

Das zu lesen oder zu hören löst bei den meisten Menschen Irritation aus. Liebt diese Person ihr Kind/ihre Kinder denn nicht? Empfindet sie denn kein Glück, wenn sie sie betrachtet? Zeit mit ihnen verbringt? Erfüllt sie denn die Mutterrolle nicht?!

Tatsächlich finden immer mehr Frauen die Mutterrolle nicht so erfüllend, wie man sich das vielleicht vorstellen würde. Und irgendwie ist das auch verständlich, denn Mutterschaft wird von einigen Umständen regelrecht torpediert. Wie zum Beispiel von einem System, dass Mütter im Stich lässt und sie ständig vor die Wahl stellt: Kind, Partner, Job, Familie, ich? Oder eine Gesellschaft, die Familien an den Rand drängt, statt sie zu unterstützen und die Last der Verantwortung mitzutragen. Eine Gesellschaft, die die Alleinzuständigkeit der Mutter idealisiert, statt sie zu hinterfragen und zu kritisieren.

Mit diesen und anderen Umständen sah sich Juli* konfrontiert, als ihr Kinderwunsch in Erfüllung ging. Wie so viele Mütter trug sie ihr Päckchen, lächelte geduldig, antwortete mit „Alles gut…“ und funktionierte. Bis zu einem Wochenende, von dem sie mir später erzählte:

*Name geändert

„Wir waren auf eine Hochzeit eingeladen. Eine sehr nahe Freundin, also gaben wir unsere Tochter über Nacht zu meiner Mutter. Das fühlte sich irgendwie falsch an, das Kind „weggeben“, um Spaß zu haben. Und wir hatten es davor auch nur ein einziges Mal geübt. Aber meine Mutter beruhigte mich und schließlich fuhren wir los, anderthalb Stunden Fahrt vor uns.

Verrückt, aber die erste halbe Stunde im Auto fühlte sich genauso falsch an. Aber nicht, weil meine Tochter nicht bei uns war und ich sie vermisste… nein. Weil mein Mann und ich angespannt schweigend nebeneinander saßen. Er starrte nur stur auf die Straße und ich wusste nicht wohin mit meinen Händen. Wir wussten nicht mehr, wie wir miteinander reden sollten! Aus irgendeinem Grund spürte ich Panik in mir aufsteigen und begann einfach drauf los zu reden.

Von da an ging es bergauf. Es wurde eine wundervolle Hochzeit und ich hatte unfassbar viel Spaß. Ich fühlte mich frei und leicht und unbeschwert. Wir tanzten, wir tranken, wir lachten und es war wie früher. Dieser Gedanke… „wie früher“… er setzte sich in mir fest. Und als wir am nächsten Morgen im Hotelzimmer zusammenpacken wollten – zurück nach Hause, in dieses Leben… – da hatte ich die erste Panikattacke meines Lebens. Als würde ein Elefant auf meiner Brust sitzen. Ich konnte nicht atmen, ich konnte nicht mal schreien. Alles in mir wehrte sich dagegen, in dieses Leben zurückzukehren. Aber das weiß ich erst heute.“

Für Juli begann an diesem Wochenende ein harter und langer Weg, eine Suche nach Antworten auf Fragen, die niemand stellen will. Es beginnt ein „Kampf gegen das Ertrinken in der eigenen Scham„, wie sie es mir einmal erklären versuchte. Die Scham davor zuzugeben, dass man sein Kind liebt, sich aber nicht nochmal dafür entscheiden würde. Ein ständiger Begleiter auf diesem Weg: der Gedanke, einfach zu gehen. Alles hinter sich zu lassen, allein irgendwo neu anzufangen. Nicht zurückzublicken. „Ohne sie wäre ihre Tochter eh besser dran„, so flüstern ihre Gedanken ihr zu. Für diese Gedanken schämt sie sich noch mehr, ein Teufelskreis.

Inzwischen hat sie vieles in ihrem Leben geändert, geht regelmäßig zur Psychotherapie und besucht mit ihrem Partner eine Paarberatung. Diese hat ihnen beiden sehr geholfen, die Glaubenssätze und Erwartungen aufzubrechen, die mit Mutterschaft, Elternschaft und Familiengründung einhergehen und somit verhindert haben, dass sie als Familie ihren eigenen, für alle tragbaren Weg finden können. Wir wünschen ihr und ihrer Familie weiterhin alles Gute!

Du möchtest mehr über Regretting Motherhood erfahren? Dann hör doch mal in unsere Podcastfolge mit Wiebke rein: Folge 17

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