Kinderplanung ist Privatsache

Kinderplanung ist Privatsache

„Wann kommt denn jetzt das nächste Kind?“, „Was, ihr wollt wirklich nur eines?“ oder „Noch eines, seid ihr euch da sicher?“. Die übergriffigen Fragen zur Kinderplanung treffen nicht nur kinderlose Paare, sondern gehen weiter, sobald das erste Kind da ist. Und auch dann sind sie genauso unangemessen wie zuvor – provozieren aber dennoch oft ein schlechtes Gewissen.

Es ist und bleibt deine beziehungsweise eure private Entscheidung, wie viele Kinder ihr bekommen möchtet, in welchem Abstand und wann in eurem Leben. Für alle denkbaren Konstellationen gibt es Gründe, die aber niemanden außer dich/euch etwas angehen. Ganz abgesehen davon, dass nicht jeder Kinderwunsch problemlos in die Tat umgesetzt werden kann.

Einzelkinder, Erstgeborene, Sandwichkinder und Nesthäkchen

Manchmal machst du dir dennoch Gedanken, wie es denn nun optimal wäre mit der Kinderplanung. Du hast ein schlechtes Gewissen, weil nach dem ersten Kind der Kinderwunsch abgeschlossen ist, oder nach dem dritten Kind immer noch genauso intensiv vorhanden ist wie zuvor. Wir alle wachsen mit bestimmten Vorstellungen auf, haben Vorurteile über Einzelkinder und Großfamilien gehört. Und selbst wenn du weißt, dass es eben Vorurteile sind und keine Fakten, fragst du dich manchmal, ob vielleicht nicht doch was dran ist am verwöhnten Einzelkind, dem vernachlässigten Sandwichkind oder den ewig verhätschelten Nesthäkchen.

Studien vs. Realität

Es gibt eine Menge Studien dazu, welche Position in der Kinderfolge nun welche Vor- oder Nachteile hat. Erstgeborene sind im Schnitt wohl etwas intelligenter, als nachfolgende Geschwister, Einzelkinder haben einen sprachlichen Vorteil und sind kontaktfreudiger, wohingegen Erstgeborene ein höheres Konkurrenzdenken haben und so weiter und so fort. Je mehr du dich einliest, desto mehr vermeintliche Vor- und Nachteile kannst du für jedes Modell finden. Einig ist sich die Wissenschaft heutzutage, dass weder Einzelkinder noch Geschwister schwerwiegende Defizite aufgrund ihrer Situation aufweisen. Alle Studien zu bestimmten Vorteilen bis hin zu unterschiedlichen Hirnstrukturen sind mit Vorsicht zu genießen, weil immer auch andere Faktoren, wie zum Beispiel der soziale Status der Eltern, einen Einfluss auf die Entwicklung der untersuchten Kinder haben.

Der „richtige“ Altersabstand

Schnell ein Geschwisterchen hinterher, oder doch lieber warten, bis das erste „aus dem Gröbsten raus“ ist? Die wenigsten Eltern mehrerer Kinder kommen in der Phase der Kinderplanung an dieser Frage vorbei. Was ist denn nun am besten für die Kinder? Spielen sie häufiger miteinander, wenn der Altersabstand sehr gering ist? Wann kann man damit rechnen, dass sie eine besonders gute Beziehung zueinander aufbauen?

Lass dich bei der Kinderplanung nicht von Zahlen verrückt machen

Auch hier gilt: Zahlen und Durchschnitte sind das eine, eure individuelle Familiensituation ist das andere. Auf den Punkt genau planen kann man das sowieso nur selten.
Fakt ist, dass das Konfliktpotenzial unter Geschwistern statistisch am höchsten ist, wenn der Abstand weniger als drei Jahre beträgt und sie das gleiche Geschlecht haben. Du kannst dann also mit etwas mehr Streit rechnen. Aber am Ende entscheiden dann auch wieder die Temperamente der Kinder, ob sie in die Statistik „passen“ oder nicht. Gleichzeitig geht man auch davon aus, dass die Beziehung von Kindern mit einem so geringen Abstand später im Leben oft inniger ist. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. 

Euer Familienmodell ist entscheidend

Wie so oft ist auch bei der Kinderplanung nichts „richtig“ oder „falsch“. Auch wenn du im Rückblick vielleicht lieber einen anderen Altersabstand planen würdest: Du konntest nicht wissen, wie sich die Geschwisterbeziehung entwickelt und du hast auch keine Garantie, dass einige Jahre mehr oder weniger es für dich und/oder die Kinder einfacher gemacht hätte.
Umso älter die Kinder werden, umso mehr sind sie auch selbst für ihre Beziehung untereinander verantwortlich. Auch große Streithähne und –hennen sind dann oft eng und harmonisch miteinander verbunden.

Jeder Abstand hat seine Vor- und Nachteile. Und vor allem muss er zu deinem/eurem Familienmodell passen. Es geht ja nicht nur darum, dass die Kinder möglichst miteinander harmonieren (was sowieso ein reines Ideal ist), sondern auch darum, wie du dir das alles vorstellst. Zwischen den Kindern wieder arbeiten gehen oder lieber eine sehr lange Pause, um dann wieder voll durchstarten zu können? Fühlst du dich wohl, mit mehreren Kleinkindern um dich herum, oder möchtest du erst ein Kind länger allein begleiten? Es gibt so viele Aspekte – und einige davon kann man im Voraus auch nicht umfänglich betrachten.

Kinderplanung ist individuell

Wie viele Kinder du mit welchem Abstand bekommen möchtest ist manchmal eine Bauchentscheidung, oft aber auch von deinen individuellen Lebensumständen geprägt. Wichtig ist allein: Du musst dich damit wohlfühlen, eure Familie muss zufrieden sein mit ihrer Konstellation. Einzelkinder haben auch außerhalb der Familie die Möglichkeit, ihre sozialen Fähigkeiten zu trainieren und werden es automatisch tun, wenn sie mit Gleichaltrigen in Kontakt kommen. Geschwisterkinder wiederum haben vielleicht etwas weniger ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern, sind sich selbst aber Lehrer*innen und Antreiber*innen untereinander. Hier eine Rangfolge herstellen zu wollen macht keinen Sinn und ist vielleicht für die Forschung relevant, fürs echte Leben aber nur bedingt. Jede Familie hat ihre eigenen Herausforderungen und Baustellen.

Sieh dein Kind als Individuum, nicht in seiner Rolle

Es ist vielleicht manchmal hilfreich, anhand von Zahlen zu sehen, dass diese nicht ganz untypisch sind. Aber wenn doch? Dann sind sie genauso real und beachtenswert, wie beispielsweise die klassischen Entthronungsgefühle eines Erstgeborenen. Wir möchten dich ermutigen, jedes deiner Kinder in all seinen liebenswerten Eigenheiten zu sehen und nicht in seiner Rolle als „Sandwichkind“ oder „Nesthäkchen“. Das gelingt sicher nicht immer, aber mit jedem Mal hat deine innere Kritikerin an dieser Stelle weniger Argumente.

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