Mit den (Schwieger)Eltern über Erziehung sprechen und den eigenen Weg gehen
von Karin Bergstermann und Anna Hofer
„Das hätte es bei uns nicht gegeben!“ – „So hätte mein Kind nie mit mir reden dürfen!“ Diese und viele viele weitere Sätze kennt ihr sicher von unserer Elterngeneration. Ihr dürft gern jeden einzelnen, den ihr schon gehört habt, hier in die Kommentare packen. Ich bin sicher die Liste wäre endlos. Viele findet ihr auch im Buch zu unserem Lesetipp „Bei meinem Kind mach ich das anders“ von Stillbegleiterin & Historikerin Karin Bergstermann und Familienberaterin Anna Hofer.
Tatsächlich bekommt man hin und wieder den Eindruck, als hätten unsere (Schwieger)Eltern irgendwie alles anders gemacht und wir könnten es ihnen gar nicht recht machen. Wir stillen falsch, schlafen falsch, ziehen unsere Kinder falsch an, erziehen zu lax und überhaupt… Generationenkonflikte gibt es in so gut wie allen Familien zu allen familienrelevanten Themen.
So dramatisch ist es natürlich nicht (immer), aber es gibt genug Unterschiede, die für „Knatsch“ sorgen. Spricht man diese Dinge dann an, so kommt gerne die General-Verteidigung: „Euch hat’s doch auch nicht geschadet“ oder „aus euch ist auch was geworden“. Es wird ziemlich schnell deutlich, dass es sich hier nicht um eine einfach Meinungsverschiedenheit (im eigentlichen Sinne des Wortes: „verschiedene Meinungen haben“) handelt.
Geht es um die eigenen Kinder oder Enkel kochen die Gefühl gerne mal hoch. Und dass du heute dein Kind anders erziehst und behandelst, löst in deiner (Schwieger)Mutter verschiedenste Gefühle aus. Vielleicht hätte sie es gern genauso gemacht, doch das war zu ihrer Zeit nicht angeraten (zB nach Bedarf stillen). Oder sie empfindet deinen Weg als Kritik an ihrem. Oder sie versteht deinen Weg nicht und macht sich ernsthaft Sorgen um dich oder die Entwicklung ihres Enkelkindes. So oder so: es wäre schön, die (Schwieger)Eltern im Boot zu haben, wenn man sich auf den eigenen Weg als Familie macht. Und hier kommt „Bei meinem Kind mach ich das anders“ ins Spiel.
Viele junge Eltern erziehen ihr Kind bewusst anders, als sie selbst erzogen wurden. Mit Themen wie Bedürfnisorientierung, Langzeitstillen oder Verzicht auf Strafen stoßen sie auf Unverständnis bei ihren eigenen Eltern – das belastet und führt zu Konflikten zwischen den Generationen.
Auszug Klappeninnentext
Perspektivenwechsel auf jeder Seite
Die beiden Autorinnen haben den Generationenkonflikt von jeder Seite beleuchtet, unsere Schwierigkeiten damit erläutert und geben uns Leser*innen direkt Werkzeug an die Hand, um diese Konflikte aufzulösen. Für mich mit das wertvollste waren die vielen Einsichten in die Lebenswelt zu der Zeit, zu der unsere Mütter Mütter geworden sind. In welchem Zeitgeist sie uns großzogen. Auf was sie achten mussten, welche Dos and Dont’s damals galten. Das hat mir stellenweise echt die Augen geöffnet.
Die Mischung aus Informationen, Verständnis für die andere Seite, Konfliktlösestrategien, Arbeit an mir selbst und Formulierungshilfen ist unfassbar hilfreich. Und wer mich schon länger liest weiß: Ich liebe Formulierungshilfen! Schlagfertigkeit ist keine meiner Stärken, deswegen danke ich allen Autor*innen, die mir dabei helfen 🙂
„Der eleganteste und sanfteste Weg, Konflikte zu lösen, die auf Fehlinformationen basieren, ist, dem Gegenüber so geschickt Fragen zu stellen, dass es von selbst auf die richtigen Ideen kommt.“
„Bei meinem Kind mach ich das anders“ S. 35
Und wer liebt keine sanften und eleganten Wege, Konflikte zu lösen? Immerhin ist doch genau das Fehlen einer solchen Strategie der Grund, warum wir Konflikte lieber vermeiden. Weil uns die Strategie fehlt, sprechen wir die Dinge nicht an, die uns vielleicht im Umgang mit unseren Kindern ärgern. Oder grollen über ungebetene Ratschläge. Fühlen uns verurteilt und kritisiert, schlucken diese Emotionen aber hinunter. Unausgesprochen vergiften diese kleinen Ärgernisse die Beziehung zu unseren Eltern und Schwiegereltern.
Weil Beziehungen Arbeit daran wert sind.
Wer das nicht länger zulassen möchte, dem sei diese Buch unbedingt empfohlen. Die Beziehung zu den Eltern und Großeltern ist viel zu wertvoll (für euch und eure Kinder), um sie durch Missverständnisse trüben zu lassen. Manche Missverständnisse werden schon allein durch die Lektüre des Buchs ausgeräumt! Herrlich! Und für andere bekommt man wirklich gute Tipps an die Hand.
Wir sagen das immer wieder: „es braucht ein Dorf“. Deine Schwiegereltern und Eltern sind in der Regel ein wichtiger Bestandteil dieses Dorfes. Deswegen ist es gut und wichtig, sich mit der Beziehung zu ihnen auseinanderzusetzen. Sowie Verständnis für ihren Weg zu haben und wertschätzend den eigenen Weg zu kommunizieren. (Groß-)Familie ist ein kompliziertes, aber auch bereicherndes Beziehungsgeflecht. Und dieses Buch hilft dabei, eventuelle Knoten zu entwirren 🙂