Miteinander statt Gegeneinander
von Katharina Pommer
Als ich (sichtbar) schwanger war, bemerkte ich es zum ersten Mal, vorher hatte ich von momshaming oder ähnlichem Verhalten noch nie etwas gehört. Nicht nur, dass mich Menschen ungefragt am Bauch berührten, nein, ich durfte mir auch noch ganz ungefragt einen „Ratschlag“ nach dem anderen anhören und mich ermahnen lassen „tu dies nicht, lass jenes bleiben…“. Als austragende Frau eines neuen Mitglieds der Gesellschaft war ich – ohne, dass ich vorgewarnt worden wäre – zum Allgemeingut geworden. Von nun an stand mein Verhalten unter einem Scheinwerferlicht und das wurde mit der Geburt meines kleinen Sohnes nicht besser, sondern sogar noch schlimmer. In Säuglingspflege und Erziehungswissenschaften haben ganz viele Menschen da draußen ein Diplom von der Schule des Lebens. Leider aber nicht von einer wirklichen Universität…
Und jetzt verrate ich euch, wer all die „neutralen“ Fragen mit hochgezogener Augenbraue gestellt hat (ihr ahnt es natürlich schon): andere Mütter. Das schlimmste am Muttersein, sind andere Mütter – so ließt man es in verschiedenen Blogs und Social Media Posts (Ursprung unbekannt). Hashtags gibt es für dieses Phänomen natürlich auch: #momshaming oder #mommywars. Und nun eben dieses Buch, welches sich damit kritisch auseinandersetzt. Es gibt den Leserinnen Werkzeug an die Hand, um sich eben gegen jene Besserwisserei und teils übergriffigen Ratschläge zur Wehr zu setzen: Stop #momshaming
Mütter werden von allen Seiten wegen erzieherischen Entscheidungen oder ihrem Umgang mit ihren Kindern kritisiert. Oft werde sie beschämt, herabgewürdigt oder sogar massiv angegriffen.
Auszug Klappeninnentext
Das Buch „Stop #momshaming“
Neben soziologischem und psychologischem Hintergrund zu mom-shaming nimmt die Autorin ihre Leserinnen auch mit auf eine persönliche und authentische Reise. Sie selbst berichtet von 31 Angriffspunkten und es kommen noch viele weitere Mütter zu Wort, die ihre Erfahrungen damit gemacht haben. In dieser großen Auswahl an wunden Punkten findet sich jede Mutter wieder und kann nachfühlen, warum das auf Dauer krank machen muss. Und vielleicht ertappt man sich auch an der ein oder anderen Stelle selbst. Dann kann man sich für die Zukunft vornehmen, anders damit umzugehen, wenn etwas von einer anderen Mutter auf unterschiedliche Weise gemacht wird. Solidarität und Toleranz sind ja keine Einbahnstraßen.
„Darauf zu warten, dass andere sich verändern, ist im Grunde nichts anderes als ein Akt der Selbstopferung und deshalb stets vergeblich. […] Dieser Tatsache müssen wir uns stellen. Auch das gehört zum Leben eines Erwachsenen dazu. Das Wissen, dass es niemand außer uns selbst regeln kann, erleichtert es, sich dem eigenen Schicksal zu stellen und sich aus dessen Ketten zu befreien.“
stop #momshaming, Katharina Pommer S. 276
Nach dieser Handlungsaufforderung folgen 10 Tipps, wie man mit einem respektlosen oder geringschätzenden Umfeld umgehen kann. Ingesamt ist das Buch vollgepackt mit wertvollen Perspektivenwechseln, Informationen und Erfahrungsberichten, die dich zu einer selbstbewussteren und authentischeren Mutter machen können.
Ich möchte es euch unbedingt empfehlen, da ich die Vision des #momhealing teile. Eigentlich verurteilen sich genau die Menschen einer Gruppe, die am besten nachvollziehen können, wie es der anderen mit ihren vielen Rollen und der unerträglichen Mehrfachbelastung gehen muss. Was für eine immense Zerreißprobe Mutterschaft bedeuten kann. Wer außer andere Mütter soll das nachfühlen können? Wäre da nicht Mitgefühl und Empathie viel sinnvoller?
Und wenn wir gerade bei sinnvoll sind, möchte ich euch noch einen Gedanken mitgeben, den ich so sinngemäß bei Susanne Mierau gelesen habe und der hier super gut hinpasst: Wer verurteilt wird, weil er/sie sich bezüglich Wickeln/Stillen/Beikost nicht sicher ist, der/die wird auch nicht um Hilfe bitten, wenn es wirklich nötig ist.
Toleranter und offener Umgang miteinander ist somit Familien-, Frauen- und Kinderschutz. Wenn das nicht ein Umdenken wert ist ❤️