Triggerwarnung: Wochenbettdepression, Geburtstrauma
Ophiasia, Mutter von zwei Kindern, ist unserem Aufruf gefolgt und hat uns ihre Geschichte erzählt. Ihre zermürbende Suche nach Hilfe ist ein (leider erschreckendes) Beispiel dafür, warum es so unglaublich wichtig ist, für dieses Thema zu sensibilisieren und über die Krankheit sowie Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufzuklären. Wir danken ihr sehr, dass sie diese Geschichte mit uns und euch teilt!
Meine Geschichte begann 2018 mit der Geburt meines ersten Sohnes. Plötzlich lag da nach einem ungeplanten Kaiserschnitt ein Baby auf meiner Brust und ich spürte einfach NICHTS. Ich konnte nicht mehr schlafen, war in einem schwarzen Loch gefangen und hatte tiefe Sehnsucht nach meinem „alten Leben“. Rückblickend weiß ich, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon schwer depressiv war. Ich fühlte mich nicht nur, als wäre mein Leben vorbei, ich wurde auch immer wütender auf das Baby – immerhin war es (gefühlt) an allem schuld.
Ich habe über 15 Psycholog*innen kontaktiert, kam aber nicht einmal auf die Warteliste. Bei einer Beratung der Caritas wurde mir nur gesagt, manche Mütter bräuchten eben länger, sich in ihrer Rolle zurechtzufinden und ich solle Geduld haben. Als ich völlig fertig in der psychiatrischen Ambulanz unserer Uniklinik anrief, wurde ich ausgelacht (!), als ich nach einem zeitnahen Termin fragte. Hilfe zu finden war komplett aussichtslos.
Letztendlich bin ich per Zufall zu einer Psychiaterin gekommen, obwohl sie eigentlich keinen freien Platz hatte. Sie diagnostizierte sofort eine schwere Wochenbettdepression und ein Geburtstrauma und verschrieb mir ein Antidepressivum. Von dort an ging es bergauf und ich hatte immer mehr positive Momente. Dennoch brauchte es drei Jahre und die Geburt meines zweiten Sohnes, bis es mir wirklich wieder gut ging.
Lange Zeit dachte ich, meine Gefühle wären „normaler“ Babyblues und ich müsste mich nur mal zusammenreißen. Andere Mütter stellen sich doch auch nicht so an! Was mir sehr geholfen hat, war, mir all die schlimmen Gedanken zu erlauben. Ja, manchmal hätte ich mein Baby am liebsten weggegeben. Ich wollte es anschreien, es mit einem Kissen ersticken, es einfach alleine lassen und gehen. Im Laufe der Therapie habe ich verstanden, dass meine Ansprüche einfach zu hoch waren. Ich wollte eine perfekte Mutter sein und damit konnte ich nur scheitern.
Mein Rat an alle Betroffenen: Sprecht darüber! Mit dem Partner, der Hebamme, den Eltern, der Freundin, dem Frauen-, Kinder- oder Hausarzt. Nehmt alle Hilfe und Entlastung an, die ihr bekommen könnt. Es ist eine Krankheit und sie ist behandelbar. Nehmt euch und eure Gefühle ernst! Es ist keine Schande, so zu fühlen. Ihr könnt nichts dafür!
Es muss unglaublich viel Stärke gekostet haben, sich gegen all diese Hürden Hilfe zu verschaffen und sich aus dem Loch der Depression heraus zu kämpfen. Wir möchten euch ebenfalls dazu aufrufen, darüber zu sprechen, sollte es euch nach der Geburt eines Kindes nicht gut gehen. Lasst euch nicht entmutigen, es gibt Hilfe und ihr seid nicht allein!